Das „innere Kind“ ist ein psychologisches Bild – kein echtes Kind, das in uns wohnt, sondern ein tief verankerter Teil unserer Psyche, der die Erfahrungen, Emotionen und Bedürfnisse unserer frühen Kindheit speichert. Es ist jener Teil in uns, der gelacht hat, als wir barfuß durch den Regen gelaufen sind. Der geweint hat, als niemand kam, um uns zu trösten. Der neugierig war, verletzlich, frei – und zugleich abhängig von der Liebe und Bestätigung anderer.
In der Kindheit entstehen unsere grundlegenden Überzeugungen über uns selbst und die Welt:
„Ich bin geliebt – oder nicht.“
„Ich darf fühlen – oder es ist gefährlich.“
„Ich bin willkommen – oder ich muss mich anpassen, um dazuzugehören.“
Diese Überzeugungen wirken im Erwachsenenalter weiter – meist unbewusst. Immer dann, wenn wir emotional stark reagieren, uns klein fühlen, gelähmt oder überfordert sind, meldet sich häufig nicht unser rationales, erwachsenes Ich – sondern dieses alte, gespeicherte Gefühl, das einst von einem kleinen Kind empfunden wurde. Das innere Kind.
Es umfasst sowohl die verletzten Anteile – wie Angst, Scham, Einsamkeit oder Wut – als auch unsere kraftvollen Ressourcen wie Kreativität, Intuition, Sensibilität und Lebensfreude.
Die Arbeit mit dem inneren Kind bedeutet daher nicht, in der Vergangenheit stecken zu bleiben – sondern im Heute achtsam hinzuschauen, wo unsere Wunden noch wirken, wo wir uns selbst ablehnen, und wie wir beginnen können, uns mit liebevollen Augen zu begegnen. Es ist der Schlüssel zu echter Selbstannahme – und damit zu innerem Frieden.
Diese Themen findest du in diesem Blogartikel
„Warum reagiere ich so über?“
Diese Frage stellen sich viele von uns, wenn wir in bestimmten Momenten emotional völlig aus der Bahn geworfen werden – scheinbar grundlos. Eine harmlose Kritik, ein abweisender Blick, ein Streit mit dem Partner … und plötzlich fühlen wir uns klein, ungeliebt, nicht genug.
Was hier reagiert, ist oft nicht dein erwachsenes Ich. Sondern ein Teil in dir, der viel älter ist – und zugleich viel jünger: dein inneres Kind.
🧠 Was ist das innere Kind – psychologisch & neurologisch?
Das innere Kind ist kein esoterisches Konzept, sondern eine in der Psychologie gut etablierte Idee. Es steht für emotional gespeicherte Erfahrungen aus deiner Kindheit – inklusive aller Glaubenssätze, Verletzungen, Bedürfnisse und auch aller Lebendigkeit, Neugier und Sensibilität.
Neurologisch betrachtet:
In Momenten starker Emotionen aktiviert sich die Amygdala – das emotionale Frühwarnsystem des Gehirns. Wird ein Trigger erkannt (z. B. Kritik oder Ablehnung), wird die Reaktion abgespeichert wie damals:
- Flucht
- Kampf
- Erstarrung
Die rationale Steuerzentrale (präfrontaler Kortex) wird dabei ausgeschaltet. Du fühlst nicht mehr wie ein Erwachsener – du bist innerlich wieder 5, 7 oder 12 Jahre alt.
✨ Story: Anna und die Spülmaschine
Anna steht mit ihrem Partner in der Küche. Er sagt gereizt: „Mach doch die Spülmaschine mal richtig.“
Plötzlich fühlt sie sich wie erstarrt. Ihr Herz rast, sie friert innerlich. Tränen steigen ihr auf.
Was passiert hier?
Für Anna ist es kein banaler Vorwurf. Ihr System erinnert sich – an das kleine Mädchen, das zu Hause oft kritisiert wurde, nie gut genug war. Heute lebt dieses Mädchen noch in ihr – und wird durch solche Situationen wieder „wachgeküsst“.
📓 Das innere Kind Tagebuch – heilen durch Schreiben
Um diese unbewussten Muster zu erkennen und heilsam zu begleiten, hilft ein einfaches, aber tief wirkendes Ritual: das Innere-Kind-Tagebuch.
Hier begegnest du deinen alten Gefühlen – achtsam, liebevoll, bewusst.
💬 Tagebuchvorlage
1. Datum & Stimmung
Wie fühle ich mich heute (1–3 Worte)?
2. Was ist passiert?
Kurz beschreiben: Was hat mich emotional bewegt?
3. Wie habe ich reagiert?
Was habe ich gedacht, gefühlt, körperlich gespürt?
4. Welches innere Kind zeigt sich?
Wie alt fühlte ich mich? Was erinnert mich daran?
5. Was braucht dieses Kind?
Wärme? Sicherheit? Aufmerksamkeit? Trost?
6. Worte an mein inneres Kind
Ein kleiner Brief oder liebevolle Sätze:
„Ich sehe dich. Du bist genug. Du darfst so fühlen.“
7. Rückkehr ins Jetzt
Was hilft mir heute – als Erwachsene/r – gut für mich zu sorgen?
Du kannst zusätzlich kreativ werden – mit Zeichnungen, Symbolen oder einem Liedtext, der zu deiner Stimmung passt. Alles, was deine Seele ausdrücken möchte, ist willkommen.
💖 Warum das wirkt
Indem du regelmäßig mit deinem inneren Kind in Kontakt trittst, passiert etwas Magisches:
Du unterbrichst alte emotionale Muster,
stärkst deine Selbstregulation,
und entwickelst eine tiefe Selbstmitgefühlspraxis, die Heilung möglich macht.
✨ Fazit: Du bist nicht falsch – du bist verwundet. Und du darfst heilen.
Die Arbeit mit dem inneren Kind ist keine Reise „zurück“. Sie ist eine Reise tiefer zu dir selbst – zu deinem Ursprung, deiner Wahrhaftigkeit und deiner Sanftheit.
Und du musst sie nicht alleine gehen. Vielleicht beginnt dein erster Schritt genau heute – mit ein paar ehrlichen Zeilen an dich selbst.
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