Was war dein aufregendster Moment in den letzten 12 Monaten und was hast du für dich mitgenommen
Mein Gott war das für mich aufregend! Das war definitiv der aufregendste Moment in den letzten 12 Monaten.
Doch kurz vor meinem aufregendsten Moment blieb selbst mir einfach die Spucke weg und ich wurde ganz leise. Ich hatte mir soviel Mühe gegeben, es perfekt machen zu wollen, um dann hinterher festzustellen, dass es auch so viel einfacher gegangen wäre.
Ich sollte Mitte Oktober meine Facharbeit präsentieren, an der ich seit Ende Juni geschrieben hatte. Das Ganze war ein Prüfungsbestandteil meiner Aufstiegsfortbildung zur Zahnmedizinischen Fachassistentin. Neben vielen schriftlichen, praktischen und der mündlichen Prüfung war das ganze für mich (als auch meine Familie) eine ziemlich anstrengende Zeit.
Nebenberuflich weiterzubilden ist schon ein Wahnsinn, mit zwei kleinen Kindern am Start noch mehr. Mir persönlich war das einfach so wichtig, dass ich mich selbst auch unter Druck setzte, das Ding wenigstens zu bestehen. Egal wie!
Die Themen für unsere Facharbeit durften wir uns aussuchen. Da mir aber die vorgeschlagenen Themen nicht genug Pfiff hatten, erfand ich im Juni ein ganz eigenes, was aber dennoch zum Rahmen passte. Im Nachhinein frage ich mich immer, wieso ich immerzu dazu neige „noch eines darauf setzen zu wollen“?
Denn während alle über Zahnfleischerkrankungen, Zahnfleischentzündungen, Karies oder Speichel referierten hatte ich nun mal „Risikogruppen“. Eine sehr weitläufige Überschrift, und man kann hier so ziemlich alles reinpacken.
Meine Idee dahinter war 3 Risikogruppen zu beleuchten und worauf es im Endeffekt ankommt beim Umgang mit Patienten. Also alles von Fachwissen, Kommunikation und Motivation, mit einem roten Faden der sich schön durchziehen sollte bis zum Ende.
Es gab keine Vorlage oder Hilfestellung, außer das, was wir im Kurs sowieso lernen mussten.
Das Ganze war im Vergleich zu einer Kochshow: Jeder der anderen kocht ein Gericht. Nur du bist die einzige, die das gesamte Menü kocht und das in der gleichen Zeit, mit den gleichen Voraussetzungen. Keine Blaupause, keine Vorgabe: Nur schmecken soll es natürlich.
So weit, so gut, wir Ladys entschieden uns, die damalige Vortrags-Reihenfolge nach Themen zu gliedern. Somit war ich mit meinem „Allround-Thema“ als Letztes dran.
Wie ich selbst erfahren durfte, eine blöde Idee! Aber dazu später mehr.
Dadurch, dass alle vor mir dran waren, stieg meine Nervosität extrem an. Wir saßen also mit unseren fünf Prüfern im gleichen Raum und referierten unsere Themen vor allen anderen.
Die Vorträge waren alle meiner Meinung nach fachlich wirklich gut ausgearbeitet.
Ab dem zweiten Vortrag wurde ich dann etwas nervös und ich wurde auf meinem Stuhl immer kleiner.
Mich beschlich der Gedanke:
- Hatte ich das falsche Thema gewählt?
- War das wirklich richtig, was ich ausgearbeitet hatte?
- Sollte ich den Vortrag ernsthaft so halten?
Mein Pulsschlag wurde immer heftiger und lauter. Den hätten alle hören müssen! Mein Mund wird staubtrocken. Selbstvertrauen in mein viermonatiges Projekt auf das ich gestern Abend noch so stolz war? Adieu!
Dann war ich tatsächlich dran. Ich dachte, ich kippe um, während ich den USB-Stick in den Laptop stecke und die Präsentation lade. Eine solche Aufregung war mir neu. Wieso war ich auf einmal wieder so klein wie ein Welpe? Wieso ziehe ich das hier nicht so „tough“ durch, wie ich es mir vorgestellt habe?
Es kam auch, wie es kommen musste. Ich war so nervös, dass ich zwischendrin komplett den Text vergessen hatte und erst einmal wieder den Faden finden musste.
Als ich mit staubtrockenem Mund den Vortrag zu Ende brachte, war ich aber wieder in meinem Flow frei vortragen zu können, wenn auch etwas zu schnell. Die Nervosität lässt mich extrem schnell sprechen. Für Vortragende nicht von Vorteil.
Der Druck, den ich mir selbst machte, war dann doch etwas zu groß und zu hart
Ich hatte an mich selbst andere Erwartungen. Es war lange nicht so, wie ich es gerne gehalten „hätte“. Die nächsten Gedanken gingen in die Richtung „Das war es … Ich komme nächstes Jahr nochmal … Ich schmeiße das jetzt hin … das war so elend schlecht …“
Du kennst das bestimmt, wenn man selbst seine eigenen Erwartungen nicht erfüllt hat.
Nach dem Ende überkamen mich erst einmal Tränen, die ich versuchte zu vertuschen (hat nicht geklappt). Der innerliche Druck fiel ab, ich entspannte etwas und wartete immer noch neben dem Laptop stehend auf mein Feedback – meine Benotung.
Und auf einmal ging die Zeit auch wieder normal. Kennst du das, wenn die Zeit plötzlich ganz langsam vorangeht oder rasend schnell? Vor lauter Aufregung fühlte es sich so unwirklich an. Jetzt, als ich endlich fertig war, gingen die Uhren wieder ihren normalen Gang.
So ein bisschen wie bei „Zurück in die Zukunft“.
Wie ich abgeschnitten hatte? Ich hätte mir selbst ja maximal eine 3,5 gegeben. Aber es war eine gute Zwei! Natürlich gab es Punktabzug, weil ich nicht so viel frei geredet hatte, wie geplant. Aber fachlich war es richtig. Der Vortrag war vom Umfang her ganz anders, als alle anderen und daher sogar ein wenig erfrischend. Das Beleuchten der verschiedenen Gruppen und die wichtigsten Fakten aus allem herauszufiltern, kam gut an.
Was ich für mich daraus mitgenommen habe?
Mein absolut unnötiger Perfektionismus! Der mich selbst so unter Druck gesetzt hat, dass ich es fast vergeigt hätte. Was soll ich sagen? Ich war mit dem Feedback doch so zufrieden. Mir selbst habe ich aber – wie so oft – eine viel schlechtere Note gegeben. Dieses „Immer noch eins darauf setzen zu wollen“, es ‚besser machen zu wollen‘ ist totaler Blödsinn und unbegründet. Die Leistung hat doch gestimmt.
Immer wieder laufe ich in diesen unnötigen Wahn des Perfektion-Nichts-Muss, um hinterher festzustellen: Das hätte es gar nicht gebraucht.
Du bist gut! Und das ist auch gut so. Du brauchst niemandem mehr etwas zu beweisen. Du kannst das.
Also nehme ich aus all dem definitiv mit: Ab und zu diesen negativen Glaubenssatz (was es auch ist) auszuschalten. Diesem Glaubenssatz zu sagen, dass er eben nichts mehr zu sagen hat. Ich bin gut, so wie ich bin. Meine Leistung reicht aus, um das zu schaffen, was ich schaffen möchte. Es reicht vollkommen aus. Auch ohne diesen Perfektionismus, der mich so unter Stress stellt.
Da hat der Glaubenssatz einfach für die Zukunft nichts mehr zu melden. Das ganze muss mir aber täglich auch vorhalten, um es real umsetzen zu können.
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